Die Absicht zur Schließung des Freibades Erfenschlag als kommunales Freibad ist nicht neu. Diese besteht bereits seit 1997. Dank des bürgerschaftlichen Engagements konnte der Bäderstandort trotz immer komplizierter werdender Rahmenbedingungen erhalten werden.
Dieser Erhaltungswille liegt mittlerweile nicht nur den Erfenschlager Bürgerinnen und Bürgern am Herzen. Hier hat sich in den letzten Monaten eine enorme Dynamik entwickelt. Immer mehr Einwohner unserer Stadt setzen sich für den Erhalt des Bades ein und wollen aktiv und/oder finanziell mitzuwirken.
Im Vorfeld der Bürgerversammlung gehen wir nachfolgend auf zwei Sachverhalte ein, die seitens der städtischen Verwaltung aufgeführt werden, um eine Badschließung durchzusetzen. Dies sind zum einen das Sportentwicklungskonzept der Stadt und zum anderen die Investitionssumme von 1,6 Mio. Euro.
Zum Sportentwicklungskonzept: Das Jagdschänkenbad, Grünaer Bad, Zeisigwald Bad, Stelzendorfer Bad, Eisenbahner Bad und Altchemnitzer Bad stehen für einen unbeschreiblichen Niedergang der Chemnitzer Bäderlandschaft in den vergangenen Jahrzehnten.
Das Erfenschlager, Wittgensdorfer als auch das Bernsdorfer Bad wären heute schon Geschichte und drei weitere Objekte in der Schließungsliste, gäbe es nicht den aufopferungsvollen Einsatz unzähliger ehrenamtlicher Bürger für den Erhalt dieser Sport-, Erholungs- und Bademöglichkeiten in Chemnitz.
Ohne die Bäder in Wittgensdorf und Einsiedel, die der Stadt nur aufgrund der Eingemeindungen zugefallen sind gäbe es ohne das Bernsdorfer und Erfenschlager Bad nach dem Willen der Stadtverwaltung von 1995 neben dem Gablenzer Freibad nur noch den Stausee in Oberrabenstein für rund 240.000 Einwohner.
Ob man hier noch von einem Sportentwicklungskonzept sprechen kann, ist fraglich. Die vergangenen und aktuellen Schließungspläne lassen eher einen Kahlschlag an Erholungs- und Bademöglichkeiten gegen die Bürgerinnen und Bürger von Chemnitz vermuten.
Zudem muss man die Frage stellen dürfen, warum sich Bürger, in ihrer oftmals knappen Freizeit früher und heute für den Erhalt von Freibädern engagieren? Die Antwort darauf kann eigentlich nur lauten, dass die Bademöglichkeiten ein wichtiges Stück an Lebensqualität für die Einwohner einer Stadt darstellen.
So ist auch das „Erfi“ keine alleinige Erfenschlager Angelegenheit. Es ist das Freibad, das gerade von den Jugendlichen aus dem gesamten Heckertgebiet noch am ehesten mit dem Fahrrad zu erreichen ist. Daher hat die Entscheidung Pro/Contra Freibad Erfenschlag eine hohe soziale Komponente erreicht, die nicht missachtet werden darf.
Mit dem Fahrrad schnell in ein Freibad zu fahren, ist nur möglich, wenn dies nicht in einer Tour-de-France-Etappe mündet. Zudem ist nicht jede Familie in der (finanziellen) Lage, sich ins Auto zu setzen, um nach einer kleinen Weltreise die umliegenden Freibäder oder Seenlandschaften zu besuchen, wenn die wenigen verbliebenen Freibäder hoffnungslos überfüllt sind.
Zur Investitionssumme: Für den Erhalt des Erfenschlager Bades steht ein Finanzierungsvolumen von 1,6 Mio. Euro im Raum. Dieser Betrag kommt einer Luxussanierung gleich. Dabei würde den Badbesuchern der Ist-Zustand reichen, wie er vor der Schließung bestand.
Dem spricht nicht entgegen, dass neue Rahmenbedingungen geschaffen und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, um zum Beispiel Umweltauflagen zu erfüllen. Um die Forderungen der Stadtverwaltung zu erfüllen, bedarf es keiner Investition von 1,6 Mio. Euro. Nach einer ingenieurtechnisch untersetzten Untersuchung seitens des Bürgervereins werden ca. 800.000 Euro benötigt.
Zudem ließe sich ein Teil der 800.000 Euro durch Eigenleistungen und Sponsoren senken. Dieser Beitrag kann außerdem auf mehrere Jahre verteilt werden. Demnach wird also nur knapp die Hälfte der veranschlagten 1,6 Mio. Euro benötigt.
Diese Gesamtbetrachtung muss unter dem Aspekt erfolgen, dass die zu tätigenden Ausgaben, so sie denn nicht durch Fördermittel oder private Investitionen gedeckt werden können, über mehrere Jahre verteilt im städtischen Haushalt darstellbar wären, ohne dabei auf geplante Investitionen in anderen Bereichen verzichten zu müssen.
Fahrlässig wäre es, den finanziellen Einsatz ohne die Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten und die damit verbundene Lebensqualität der Einwohner zu betrachten.
Sicherlich hängt die Lebensqualität der Einwohner nicht allein an einem Bad, da auch Kultur- und Sporteinrichtungen, Grünanlagen und diverse Freizeitmöglichkeiten eine Stadt erst lebens- und liebenswert machen. Kosteneinsparungen durch Schließungen oder Beschneidungen wie beim „Grünanlagenkonzept“, könnten Chemnitz aber teurer zu stehen kommen, als der finanzielle Einsatz in eben diese Projekte.
Gerade in der heutigen Zeit, in der die Belegschaft der Unternehmen überaltert ist, wird es in den nächsten Jahren im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte umso wichtiger sein, als Stadt ein ansprechendes Lebensumfeld vorzuhalten. Falls aufgrund mangelnder Freizeitmöglichkeiten noch mehr Jugendliche unsere alternde Stadt verlassen, beziehungsweise hochqualifizierte Arbeitskräfte die Stadt der Moderne NICHT als Lebens- und/oder Berufsstandort wahrnehmen, zieht Chemnitz nicht mehr an. Die Stadtverwaltung und deren politische Verantwortungsträger sollten daher beachten, dass die nächste Badschließung unsere Stadt nicht attraktiver werden lässt.
Eine Entwidmung des Erfenschlager Bades muss verhindert werden, um analog zur Interessensgemeinschaft der Freunde des Freibades Bernsdorf, die Gelegenheit zu bekommen, den Erhalt des „Erfi“ zu ermöglichen.
Wolfgang Köhler
Vorstand
Bürgerverein für Chemnitz-Erfenschlag e.V.
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